Johann Ehlers aus Bonn leistet seit ca. drei Monaten einen Freiwilligendienst in Mount Rosary. Er hat über die erste Zeit einen Artikel veröffentlicht, den Sie hier finden:
>My Volunteering Experience in India
Seine Eltern haben ihn dort besucht und wir sind ihnen sehr dankbar für ihren Bericht über ihren Aufenthalt:
Mittendrin in Mount Rosary
Im Dezember/Januar haben wir unseren Sohn Johann Ehlers in Mount Rosary besucht. Er arbeitet dort als Freiwilliger ein Jahr lang in der Landwirtschaft. Er hatte uns neugierig gemacht, seine neuen Freunde und das ganz andere Leben dort kennenzulernen. Es wurde eine ganz und gar untouristische Reise. Wir sind tief in das Leben auf Mount Rosary eingetaucht, haben im schlichten Zimmer gewohnt, auf dem Feld mitgearbeitet, wurden zum dortigen Essen eingeladen, haben die Messen und Feiern besucht. Am meisten haben uns die Novizinnen und angehenden Schwestern erstaunt, die wir erstmals bei der Weihnachtsfeier kennenlernten. Wir konnten es kaum glauben, dass die fröhlich auf Bollywood-Musik tanzenden jungen Frauen auf dem Weg dahin sind, in den Orden einzutreten. In vielen persönlichen Gesprächen haben sie uns damit beeindruckt, wie überzeugt sie bereits in ihrem jungen Alter von ihrem Weg sind.
Das Leben in Mount Rosary ist geprägt von Freundlichkeit. Die Schwestern strahlen eine Friedlichkeit aus und gehen tagsüber unterschiedlichsten, meist sozialen Tätigkeiten nach. Dadurch stehen sie mitten im Leben und kennen die Sorgen und Nöte der indischen Familien. In einem Artikel der Times of India haben wir mit Erstaunen gelesen, dass einige Schwestern bereits Ausbildungen in künstlicher Intelligenz erhalten, um sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten.
Das Frauenhaus ist das Projekt von Mount Rosary, das uns am meisten beeindruckt hat. Hier leben Frauen, die in der indischen Gesellschaft keinen Platz mehr haben. Sie sind in die Aufgaben im Ashram eingebunden, helfen in der Küche, Landwirtschaft oder auf dem Feld. Sie wurden zum Teil auf der Straße aufgefunden, kamen in Zusammenarbeit mit der Polizei nach Mount Rosary und leben hier ein wirklich menschenwürdiges Leben. Das Frauenhaus soll erweitert werden und wir haben die Fundamente des neuen Gebäudes bereits gesehen. Nun braucht Mount Rosary pro Zimmer 7.500€, um den Bau vollenden zu können, der insgesamt umgerechnet 230.000€ kosten soll. Große und kleine Spenden sind dafür jederzeit willkommen.
Die tropische Landschaft ist überwältigend und auf Mount Rosary ist viel Platz, die Natur in sich aufzunehmen. Am intensivsten ist uns das während der Arbeit gemeinsam mit unserem Sohn gelungen. Dabei haben wir erstmals so richtig gut verstanden, warum Ameisen die größte Biomasse auf unserem Planeten bilden. Im Laufe der Zeit haben wir einen Blick dafür entwickelt, wo die meisten anzutreffen sind und wie wir das Unkraut trotz des Gewimmels entfernen können. Klar, war die Arbeit sehr schweißtreibend und anstrengend, aber damit haben wir die Bedeutung von „Fair Trade“ sprichwörtlich mit den eigenen Händen erlebt.
Die Gegend rund um Moodbidri taucht zwar in keinem Reiseführer auf, bietet aber beispielsweise tolle felsige Hügel für kleine Wanderungen und auf der Blue Oasis Farm konnten wir viel über tropische Landwirtschaft lernen.
Morgens früh konnten wir den Tag mit der gemeinsamen Messe beginnen, was wir zugegebenermaßen nur eher selten hinbekamen – zumal wir kein Wort davon verstanden. Sister Prescilla war uns eine große Hilfe, immer ansprechbar für unsere Fragen, meistens per WhatsApp. Father Pinto berichtete uns, wie er in den 90er Jahren den Orden in Mount Rosary angesiedelt und dann kontinuierlich dessen Tätigkeitsbereiche ausgebaut hat. Sister Lina berichtete uns aus ihren Jahren in Linz im Klosterladen. Von Sister Lidwyn haben wir erfahren, wie kreativ und individuell sie bei der Suche nach neuen Novizinnen vorgeht. Sister Theresia ist eine große praktische Hilfe für unseren Sohn Johann, der unter ihrer Anleitung die tropische Landwirtschaft und die lokale Sprache lernt. Sister Suneetha beeindruckte uns als neue Chefin des Ordens mit großer Ausstrahlung und Kompetenz, mit der sie Mount Rosary weiter führen wird.
Apropos Sprache: Wir waren sehr erstaunt zu erleben, dass Englisch in Indien nicht selbstverständlich ist. Man muss Glück haben, einen Rikschafahrer zu finden, der mehr als nur ein paar Brocken englisch spricht. Allein im Bundesstaat Karnataka gibt es über 10 verschiedene Sprachen. Manche davon werden sogar nur von den Angehörigen bestimmter Religionen gesprochen. Konkani beispielsweise ist die Sprache der Christen im südwestlichen Indien. Offizielle Hauptsprache von Karnataka ist Kannada. Die Regierung versucht, die Nutzung dieser Sprache auf Verkehrsschildern obligatorisch zu machen. Auch Johann erhält von Sister Theresia Unterricht in Kannada.
Eindrücklicher ist für ihn aber sicher, wenn er auf dem abendlichen Heimweg in die Unterkunft einer 2 Meter langen jungen Python begegnet, die sich quer über den Weg schlängelt. Oder wenn ein Bekannter von ihm die Arbeitszeiten in der Gummibaumplantage des Ordens in die frühen Morgenstunden verlegt, nachdem er nächtens einem Tiger begegnet ist.
Wir können Anne und Alfons Rasche nur bestätigen: Johann ist im Paradies gelandet! – auch wenn es dort nicht immer einfach ist.
(Bilder: Familie Ehlers/Braun)
Vielen Dank an Sigrid Braun und Max Ehlers für ihren Bericht.